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LAG Mainz, 05.11.2020 - 5 Sa 262/19: Auflösungsantrag führt nicht immer zur Abfindung

  • Autorenbild: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler
    Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Kügler
  • 5. Nov. 2020
  • 2 Min. Lesezeit

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Mainz) hatte mit Urteil vom 05.11.2020 über einen arbeitnehmerseitigen Auflösungsantrag zu entscheiden.


Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, die er mittels Kündigungsschutzklage angriff.


Der Kläger war als Fahrer bei einem Handelsunternehmen mit türkischen/orientalischen Süßwaren beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel den Bestimmungen der §§ 1 ff. KSchG.


Die Beklagte hatte die Kündigungsschutzklage nach dem Gütetermin mit Schriftsatz förmlich anerkannt und den Kläger zugleich aufgefordert, seine Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmen.


Nunmehr beatragte der Kläger, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Als Abfindung stellte sich der Kläger einen Betrag von 13.375,00 € (10 Jahre x 2.675,00 € x 0,5) vor.


Rechtlich ging es um die Bestimmung des § 9 KSchG:


"(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. [...]"


Der Auflösungsantrag blieb erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg.


Der Kläger berief sich auf eine Zerrüttung des Arbeitsverhältnis sowie insbesondere auch auf eine herabwürdigende Chat-Nachricht des Bruders des Geschäftsführers der Beklagten.


Symbolbild Süßwaren

(Symbolbild)


Das LAG wies auf den Ausnahmecharakter einer Auflösung gegen Abfindung hin:


"Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Ausnahme. Das Kündigungsschutzgesetz ist ein Bestandsschutz-, kein Abfindungsgesetz. Dies wird allein unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG kommt demnach nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen in Betracht (vgl. BAG 14.12.2017 - 2 AZR 86/17 – Rn. 40 mwN). Der Arbeitnehmer hat nicht etwa die freie Wahl, ob er bei festgestellter Unwirksamkeit der Kündigung das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder ob er gegen eine Abfindung ausscheiden will."


Eine solche Ausnahmesituation verneinte es im vorliegenden Fall.


Die Entscheidung des LAG zeigt, dass Abfindungen für Arbeitnehmer in Arbeitsgerichtsprozessen regelmäßig nicht über § 9 KSchG erreicht werden. Vielmehr sind sie fast ausschließlich Ergebnis einer Verhandlungssituation, deren Gestaltung vielfach taktische Überlegungen erfordert.


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